Ein Tag im Bayerischen Zentrum für besondere Einsatzlagen

Newskategorie: BRK-Schulen
Einteilung des Rettungsdienstpersonals durch den Abschnittsleiter
  • Was würdet ihr tun, wenn sich das Attentat von Utöya, das sich dieses Jahr zum zehnten Mal jährt, in Deutschland wiederholen würde?
  • Was müssen wir tun, wenn so etwas passiert?
  • Das lernen wir zwar in der Ausbildung, aber was ist mit der Praxis?

Dies durften wir in Zusammenarbeit mit dem BayZBE nun üben.

Terroranschläge, Schießereien und extremistisch motivierte Anschläge. Das klingt erst einmal nach etwas, was uns in Deutschland eher weniger betrifft. Doch wenn wir uns die jüngste Vergangenheit anschauen, dann wird dieses Thema auch in Deutschland zu einer immer größeren und näheren Gefahr. Denn auch bei uns nehmen solche Anschläge immer mehr zu. Deswegen hat unsere Berufsfachschulklasse NotSan19 (3tes Ausbildungsjahr) mit ihrer Klassenleitung Herrn Alexander Köll und der Lehrkraft Frau Lena Albersdorfer in Zusammenarbeit mit dem BayZBE einige solcher Gefahrensituationen beübt. Dabei hatten wir das außergewöhnliche Glück, dass unsere Kollegen aus dem Tschechischen Rettungsdienst bei dieser Übung mittraininert haben.

Das Hauptziel dieser Übung war das Abarbeiten von sogenannten ManV-Szenarien. ManV steht hier bei für einen Massenanfall an Verletzten und ist eine besonders anspruchsvolle Einsatzlage. Denn sie fordert nicht nur besondere Einsatztaktiken, sondern auch viel praktische Übung. Jedoch ist diese Art der Übung sehr schwer zu bekommen, da diese immer mit einem sind. Wir hatten das Glück bei solch einer seltenen und mit enormem Aufwand verbunden Übung teilnehmen zu dürfen.

Geleitet und organisiert wurde das 3-tägige sog. Grenzüberschreitender Rettungsdienst Training (GÜRD) von Herrn Manfred Maurer vom BayZBE. In den Räumlichkeiten des dafür speziell eingerichteten Trainingszentrums hatten wir das Glück am zweiten Tag den Übungen beizuwohnen. Hierbei bildeten wir mit unseren 24 Schülern und 2 Lehrkräften die größte Gruppe aus dem Deutschen Bereich ab. Die Schüler wurden in 2 Kontingente aufgeteilt, so dass wir uns entweder im Einsatz befanden oder uns über die Monitore des BayZBE, das Geschehen in Echtzeit mitverfolgen konnten. Wir wurden dafür vorab auf fiktive Rettungsmittel eingeteilt, welche sich aus Rettungswägen und Notarzteinsatzfahrzeugen zusammensetzten. Neben uns waren auch Kollegen aus den Bereichen Regensburg, Cham, München und Nürnberg anwesend, die für ihre Anreise die oben genannten Fahrzeuge aus ihren Bereichen selbst mitgebracht hatten. Sie wurden für die Übungen mit zur Verfügung gestellt. So konnten wir uns in verschiedene Führungsrollen einfinden und die damit verbundenen Arbeiten live selbst erleben.

So hatten wir als erst eintreffender Rettungswagen (1.RTW) die Möglichkeit die sogenannte „Lage auf Sicht“ abzugeben und weitere Einsatzkräfte nachzufordern bzw. eine erste Rückmeldung an die Leitstelle zu geben, die diese an die anfahrenden Kräfte kommuniziert. Die dort eingesetzte Besatzung hatte bis zum Eintreffen des ELRD (Einsatzleiter Rettungsdienst) auch die Aufgabe bereits eingetroffene oder nachrückende Einsatzkräfte zu koordinieren. Nach der Einsatzübernahme durch den ELRD bekam die Besatzung dann die Aufgabe eines Abschnittsleiters zugewiesen, der in verschiedenen Bereichen der Schadenslage eingesetzt werden konnte. Die Schwierigkeit dabei war, einen Abschnitt zu koordinieren und zu verwalten, ohne wie beim ELRD eine gesonderte Ausbildung dafür zu haben. Doch genau für einen solchen Fall war diese Übung ein gutes Training und hat uns in unserer Ausbildung einen neuen Blick auf die Geschehnisse bei solchen Einsätzen ermöglicht.
Neben der „Rolle“ als 1. RTW hatten wir auch die Aufgabe des erst eintreffenden Notarztes, bzw. im weiteren Verlauf die, des Leitenden Notarztes. Die Aufgaben werden im realen Falle von einem extra geschulten Arzt übernommen und gehören somit im normalen Einsatzablauf nicht zu unserer Verantwortung. Doch hier konnten wir uns für einen Tag einmal als Notarzt fühlen und dessen Platz im Einsatzgeschehen übernehmen. Dieser übernimmt die erste Ärztliche Sichtung und die Koordination der weiteren Eintreffenden Ärzte. Ihm obliegt die Medizinische Behandlung der Patienten und die Kategorisierung der Abzutransportierenden (= Triage). Denn in jeder Großschadenslage muss unterschieden werden, welcher Patient nun am dringendsten abtransportiert werden muss und welcher auf den Transport warten kann. Wenn dies nicht geordnet und nach gewissen Algorithmen abläuft, kann die Lage schnell in einem unübersichtlichen Chaos enden. Was zur Folge haben kann, dass Patienten falsch behandelt werden, nicht die richtige Versorgung bekommen oder im schlimmsten Falle vergessen werden.
Natürlich gab es auch die Position der Vorsichtung. Sie erlernen wir regulär im Rahmen unserer 3-jährigen Berufsausbildung. Die Vorsichtung ist eine Position, die meist vom 2. RTW und dessen Besatzung übernommen wird. Ihre Aufgabe ist es sich um die Erstsichtung der Verletzten zu kümmern, die als primäre Aufgabe vom nichtärztlichen Personal durchgeführt wird. Die RTW-Besatzung teilt hierbei die Patienten in unterschiedliche Sichtungskategorien ein, also ob derjenige tot, schwerverletzt, mittelschwerverletzt, leichtverletzt oder gar unverletzt ist. Durch diese erste Einschätzung fällt es der ärztlichen Sichtung meist leichter ihre endgültige Kategorisierung durchzuführen und dem Patienten die für ihn nötige Versorgung zukommen zu lassen. Aber auch erste Maßnahmen, wie die Blutstillung durch ein sogenanntes Tourniquet, eine Atemswegssicherung durch einen Guedel-/Wendltubus oder das Verbringen des Patienten in die stabile Seitenlage sind Aufgaben der Vorsichtung, denn durch diese kann verhindert werden, dass sich der Patientenzustand verschlimmert oder er im schlimmsten Falle sogar verstirbt.
Am Ende eines jeden Szenarios stand ein kurzes Debriefing, in dem zu Beginn der Ablauf kurz zusammengefasst und besprochen wurde. Danach wurden die aufgenommenen Fehler angesprochen und analysiert. Ziel war es, herauszukristallisieren, wie in Zukunft solche Fehler vermieden werden können. Unsere Lehrkräfte Herr Köll und Frau Albersdörfer lieferten hierzu wertvollen Input zu jedem Szenario, da Sie die Rolle eines Beobachters bzw. die der Schiedsrichter übernommen hatten. Sie behielten in jeder Lage die Übersicht und bewerteten das Einsatzgeschehen aus der Sicht eines Außenstehenden. Allerdings wurden nicht nur Schüler, sondern auch erfahrene Rettungsdienstkollegen, die das ein oder andere Jahr an Erfahrung mitbrachten, mitbewertet.

Um es in einem kurzen Resume zusammen zu fassen:
Es war ein unglaublicher Tag, den wir wohl nicht so schnell vergessen werden!
Denn uns wurde erst damit so richtig klar, wie wichtig eine solche Übung ist und wie sich eine solche Situation überhaupt erst anfühlt. Denn nur durch viel Training und gute Koordination ist ein reibungsloser Ablauf möglich. Aber nicht nur das war für uns ein besonderes Erlebnis, auch der Austausch mit den Kollegen aus den unterschiedlichsten Regionen Bayerns und vor allem auch der Austausch mit den tschechischen Kollegen.
Wir würden jedem empfehlen an einem solchen Training des BayZBE teilzunehmen und mitzutrainieren. Der Zugewinn an Wissen und Erfahrungen ist enorm!

Vielen herzlichen Dank an das gesamte BayZBE-Team und natürlich auch an unsere Schule, die so ein Training für uns möglich gemacht hat.

Euer Schüler und Lehrer Redaktionsteam der BRK Berufsfachschule für Notfallsanitäter aus Bayreuth